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Venezianische Wahl
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Warum ausgerechnet venezianisch?

Wenn wir als Erstes davon ausgehen, dass das Mehrheitswahlverfahren bei nahezu jeder Wahrheitsfindung deutlich weniger richtige Ergebnisse liefert als systemische Wahlverfahren, so schwächelt sogar das Systemische bei Personenwahlen, sobald es darum geht, heikle Positionen zu besetzen. Denn starke Beeinflussungen von außen bis hin zur Korruption können in einem so einfachen Wahlverfahren nie wirklich ausgeschlossen werden.

Daher verwendet die Offene Demokratie für wichtige Personalbesetzungen das venezianische Wahlverfahren.

Für kleinere Gruppen ist dieses jedoch aus zeitlichen Gründen in vollem Umfang kaum praktizierbar, dafür wäre es zu aufwendig. Noch mehr, wenn mehrere Funktionäre zu wählen sind.

Aus dem Grund testet die Offene Demokratie derzeit ein neues Verfahren, defacto ein "venezianisch light", das hier immer noch genug Sicherheit gegen Korruption bietet, aber deutlich rascher abzuarbeiten geht, um zeitnahe Funktionäre in kleineren Gruppen zu wählen.

Geschichte der venezianischen Wahl

Wappen.png

Warum entwickelte sich ausgerechnet eines der tausenden Fischerdörfer am Mittelmeer zu einer Metropole? Es handelte sich davor weder um einen geschichtsträchtigen noch sonst wie besonderen Ort. Um das Jahr 600 war das gerade einmal ein kleiner Teil des Oströmischen Reiches (das gerade im Begriff war sich aufzulösen). Es gibt keine nennenswerten Ressourcen und Handel wird anderswo zu der Zeit viel mehr betrieben. Trotzdem erblühte dort eine Gesellschaft, die an Wohlstand, ja Luxus, bis heute kaum überboten wurde.

Venedig 1700.png

1300 bis 1700 gehörte - halb Norditalien - halb Griechenland und - die halbe Ägäis dem Land Venedig.

Was also machte dieses Land für ein halbes Jahrtausend so dermaßen mächtig und stabil? Der Grund, warum dieses fast 500 Jahre Bestand hatte, war das einzigartige Wahlsystem.

Doch genau ab dem Moment, wo dieses System "verwässert" wurde (indem man sich unter anderem in die Regierung "einkaufen" konnte), verblasste binnen weniger Jahrzehnte die Macht der Dogen von Venedig.

Hundert Jahre danach ist Venedig von der Landkarte verschwunden (bzw. nur noch ein winziger Teil von Österreich/Habsburg). .

Grundprinzipien

  • Venezianische Wahlen finden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.
  • Jedes Mitglied ist wählbar und gewählte Ämter sind demokratische Verpflichtung.
  • Jede Funktion ist persönlich auszuüben.
  • Rotationen von mehreren Ziehungen und Wahlen ergeben vollkommen unvorhersehbare Wahllisten.
  • Jeder Wahl hat ein Diskurs voran zu gehen, wo belegbare Argumente und nicht Meinungen zählen.
  • Jeder Wahl folgt eine Akklamation.
  • Aus Gründen der Gewaltenteilung sind jene Mitglieder, die Abgeordnete oder Inhaber von öffentlichen Ämtern sind, für die Dauer ihres Mandats von internen Wahlen für Spitzenpositionen ausgeschlossen.
  • Alle Ergebnisse und Zwischenergebnisse sind vollständig transparent zu veröffentlichen.
  • Auch der finalen Wahl folgt eine Akklamation, dann aber durch alle Mitglieder.
  • Sollte sich bei dieser systemischen Wahl ein Widerstand mit mehr als 30% ergeben, so ist die Wahl zu wiederholen.

Was macht dieses Verfahren so einzigartig?

DogenNominierung.png

In einem Satz erklärt, beschreibt sich dieses Wahlverfahren dadurch, dass es in vielen Schleifen abwechselnder Diskurse, Klausuren und Abstimmungen ständig wechselnder Personen die Einflussnahme Einzelner so dermaßen abschwächte, dass sogar die Reichsten und Mächtigsten im Land, die Wahl nicht nennenswert manipulieren konnten.

Ein Gedankenexperiment: Wäre jemand so reich, dass er die gesamte Bevölkerung bestechen könnte, wäre natürlich sogar dieses System machtlos. Doch selbst solche Personen haben Gegner und ich ginge ja bei dieser Idee davon aus, dass alle Menschen bestechlich wären und dann ja zum Teil von den Gegnern bestochen worden wären.

Was, wenn die Hälfte der Wähler bestechlich ist?

Wenn also eine Person oder Institution nur die Hälfte des Volkes zu seinen Gunsten manipuliert, so wird rein statistisch gesehen nach der Wahl auch maximal die Hälfte der gewählten Mitglieder im Senat diese Person oder Institution unterstützen. Somit wären wir bei einem Wahlsystem, das als Ergebnis ungefähr das erzeugt, was heutige Parteiwahlen machen: mindestens zwei verfeindete Lager, die gegeneinander kämpfen.

Nun hoffe ich aber, dass auch 50% der Bürger zu bestechen unrealistisch ist, also ist es viel wahrscheinlicher, dass niemals jemand eine Mehrheit mittels venezianischer Wahl im Senat erzwingen kann.

In unserer europäischen Parteienpolitik ist es theoretisch möglich, dass ein Einziger, wenn er nur reich oder mächtig genug ist, um die einflussreichsten Massenmedien zu kaufen und Marketingprofis für grosse Propagandaprojekte bezahlt, so viel Einfluss auf Wahlen ausüben kann, dass sein Kandidat sicher gewinnt. Und da reden wir nicht einmal von Bestechung!

Und wir wissen, dass es solche Institutionen gibt, die über so ein Potential verfügen. Also ist auch ziemlich sicher, dass diese nicht auf der faulen Haut liegen und ihre Möglichkeiten ungenutzt verstreichen lassen.



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Das Original

In der Blütezeit der venezianischen Hochkultur sperrten sich die "Bürger" (damals natürlich nur die reichsten Männer der jeweiligen Regionen) zu einem tagelangen "Gelage" ein.

In einer 10-fachen Rotation aus Ziehungs- (das Losverfahren ist ein Verfahren zur Herbeiführung einer Entscheidung nach dem Zufallsprinzip) und Wahlverfahren durch abwechselnd (nach ausführlichem Diskurs) gewählten und daraus wieder gelosten Personen entstanden erst Wähler- und dann Wahllisten von Personen, aus denen erst gewählt werden konnte. Die endgültigen Listen waren vorher und von außen vollkommen unvorhersehbar.

Dieses extreme, aber offensichtlich sehr wirkungsvolle Verfahren verhinderte wirksam, dass unter den Logen keiner die Herrschaft an sich reißen und nach dem Muster anderer italienischer Städte eine Familiendynastie durchsetzen konnte.

Jedes Mitglied konnte gewählt werden und musste dann das Amt auch annehmen.

Niemand kann einzelne Personen unterstützen oder Wähler beeinflussen, weil ja jedes Mitglied jede Funktion innehaben könnte, was den Ausgang der Wahl vollkommen ungewiss macht. Da die Kandidaten erst bekannt werden, wenn sie schon in Klausur sind, kann auch keine Schmutzkübelkampagne über die Medien mehr diese Wahl beeinflussen.

Vor jeder neuen Wahl führten die Mitglieder einen deliberativen Diskurs, also eine transparente Entscheidungsfindung mittels vernünftiger Argumente. Das Schüren von Angst und Neid, so wie wir das bei Wahlen von heute kennen, ist nicht möglich, wenn man nicht einfach Meinungen streuen darf, sondern jede Aussage auch mit klar beweisbaren Argumenten verteidigen muss.

Im Gegensatz zur gegenwärtigen Personal-Politik, in der von uns nicht dazu gewählte Unbekannte nach deren Willen die höchsten Ämter im Staat besetzen, muss das gewählte venezianische Wahlkomitee Entscheidungen und Argumente transparent kommunizieren und in einer abschließenden Akklamation, also der abschließenden Zustimmung aller Mitglieder, veröffentlichen.

Historisch gesehen muss hier aber erwähnt werden, dass damals bei weitem nicht alle Einwohner wahlberechtigt waren, jedenfalls keine Frauen, ja sogar nicht einmal alle Männer. Ähnlich dem indischen und arabischen Kastensystem, das es übrigens auch heute dort noch immer gibt, wurden Menschen in "Würdige" und "weniger Würdige" unterteilt. Dank Aufklärung sollte das zumindest in Europa heute keine Bedeutung mehr haben.

Praktisch gesehen hatten also in Wahrheit im alten Venedig (ähnlich wie bei uns heute) nur Oligarchen, also die reichen Männer ab 30, das Recht, als Doge gewählt zu werden. Das ist hingegen ein Zustand, der in unserem heutigen Wahlsystem in Österreich leider auch immer noch existiert.

Genauer Ablauf einer Wahl für höchste Ämter nach dem Vorbild Venezianischer Wahlen

Vorbereitungen

Das Wahlkomitee tritt nach exakt definierten Vorgehensweisen zusammen und bereitet die Wahl vor. Die Mitglieder dieser Arbeitsgruppe sind von jeder Wahlentscheidung ausgenommen. Wird eine Person daraus zufällig in einer der Wahlzyklen gewählt, weil es auch Mitglied ist, so muss sie in dieser Phase vorübergehend aussetzen. Idealerweise übernimmt die Aufgabe der Wahlorganisation - wie auch heute schon üblich - eine Abteilung, die sich aus integren Personen allgemeiner Zustimmung zusammensetzt und auch die entsprechende Erfahrung mitbringt.

Diese erledigt, dokumentiert und überwacht nun die folgenden Abläufe:

Das Methodenblatt

Zur Durchführung einer derart langwierigen Wahl mit so komplexen Abläufen muss rechtzeitig ein Methodenblatt mit der Aufzählung aller Wahlabschnitte und geplanten Termine veröffentlicht werden, damit alle noch genug Zeit haben, offene Fragen zu klären.

Wahlberechtigung

Die Offene Demokratie nimmt das Wahlrecht im Gegensatz zu heutigen Systemen jedoch sehr ernst. Jeder, der wahlberechtigt ist, kann daher auch in jede Position gewählt werden.

Im venezianischen Prozess aber werden nicht Gesichter auf tausenden Werbeplakaten aufgrund von emotional angeheizten Slogans getroffen, sondern rational in mehreren Durchgängen, wo alle Diskussionen genauen Regeln vernünftiger Argumente folgen müssen. Also würde eine Person, die das Amt gar nicht ernsthaft bekleiden kann, sofort nach der Nominierung durch die erste Diskussion "aussortiert" werden, da für diese kein ernsthaftes Argument gefunden werden kann, ein solch wichtiges Amt zu bekleiden. Die meisten unserer heutigen Politiker hätten da keine guten Karten bei dem Image, das sie in Europa aufgrund ihrer Wahlversprechen und Streitereien mittlerweile erreicht haben!

Zuallererst muss die Anzahl der Mitglieder errechnet werden und alle Namen für die erste Ziehung - ob elektronisch oder per Hand - bereit stehen. Wahlberechtigt ist jeder Bürger oder allgemein gesagt, jedes "Mitglied".

Diese Gesamtliste wird öffentlich (online) ausgehängt.

Die "Wahlzahl"

Stichprobenumfang.png

Alle Mitglieder so umfangreich zu informieren (etwa alle 6,4 Millionen Wahlberechtigte in Österreich!), damit eine Wahl aufgrund vernünftiger Argumente überhaupt möglich wäre, ist eine undurchführbare Aufgabe. Doch es hat sich erwiesen, dass auch eine viel, viel kleinere Gruppe fast dasselbe Ergebnis liefern kann, die vergleichsweise viel leichter alle Informationen zu einem Thema erhalten und auch dann miteinander sinnvoll kommunizieren kann. Die Anzahl dieser Personen nennt man die Wahlzahl.

Die Wahlzahl ermittelt also, wie viele Personen ausgelost werden müssen, um alle Mitglieder statistisch korrekt zu repräsentieren. Sie bestimmt sich aus der Zahl an Mitgliedern, welche die Gesamtzahl aller Mitglieder mit 95%iger Wahrscheinlichkeit (Konfidenzniveau) innerhalb eines Erwartungsbereichs von +/-15% (Konfidenzintervall) statistisch vertreten kann. Das heißt, dass es bei einem Abstimmungsergebnis von 65% zu 95% sicher ist, dass eine Gesamtabstimmung zwischen 50% und 80% ausgegangen wäre. Die erforderlichen Wahlgänge (Wiederholungen) bestimmen sich als der natürliche Logarithmus der durch die Wahlzahl dividierten Gesamtzahl aller Mitglieder, abgerundet auf Ganze.

Wählen die Österreicher ihren Präsidenten, ergibt diese Kalkulation etwa 385 Personen. So viele kann man in wenigen Tagen konzentriert mit allen themenrelevanten Daten und Untersuchungen informieren und es bleibt genug Zeit, auch noch alle Verständnisfragen zu klären.

So wird eine echte Repräsentativität erzeugt, die mindestens 95% (95% gilt als wissenschaftlicher Branchen-Standard) Konfidenzniveau erreicht.

Moderne Untersuchungsmethoden und Statistik lassen uns heute diese Zahl eindeutig berechnen und es ist schon verblüffend, wie sehr diese der damaligen Auswahl der Venezianer nahe kommt! Mit dieser Kalkulation (rechts) errechnet sich die Anzahl der Mitglieder des Wahlkomitees. So ist sichergestellt, dass maximal eine 15%-ige Abweichung (Konfidenzintervall = Fehlerspanne) aus einer Wahl durch alle Mitglieder entsteht, die noch tolerierbar ist.

Der Stichprobenrechner von SurveyMonkey vereinfacht die Anwendung dieser komplexen Formel und weist die Stichprobenmenge (Wahlzahl) aufgrund eingegebener Parameter sofort aus. Hier eine englischsprachige Version dazu.

Beispiel: Für 6,4 Mio. Wahlberechtigte in Österreich (Populationsgröße), einem Konfidenzniveau von 95% (Branchen-Standard) und einer Abweichung (Konfidenzintervall = Fehlerspanne) von nur 5% stellen bereits 385 Bürger eine repräsentative Menge dar. Hier sind ein paar Vergleichswerte schon ausgerechnet.

Ziehung der Nominierungsgruppe

Diese Ziehung erfolgte in Venedig in sieben Schritten. Für einen Verein mit etwa 100 Mitgliedern errechnet sich nach obigem Modell auch eine einzige Ziehung, um die Namen von genau 9 Personen für die Nominierungsgruppe zu erreichen. Für die Ziehung stehen im Internet unzählige Zufallsgeneratoren zur Verfügung.

Im alten Venedig wurden abwechselnd 9 bzw. 11 Personen pro Runde gezogen. Einige Experimente der Gegenwart haben belegt, dass sich die Diskussionen mit mehr als 11 Personen nur unnötig in die Länge ziehen würde, ohne das Ergebnis zu verbessern, ganz im Gegenteil.

Neun Personen sind auch nach modernsten Berechnungen die optimale Anzahl an Personen, die dazu geeignet sind, die auf die Diskussionen folgende Nominierungsphase rasch und zuverlässig durchzuführen.

Traditionell fiel in Venedig die Aufgabe der Ziehung einem zufällig auf der Straße aufgelesenen Knaben von etwa 10 Jahren (dem Ballottino) zu. Ein Kind vermutlich deshalb, weil es sehr wahrscheinlich keine politischen Interessen verfolgt oder sonst die Wahl manipulieren könnte. Das erfolgte in einer großen Zeremonie unter der Aufsicht aller.

Erste Klausur: Nominierung der Wahlkandidaten durch die Nominierungsgruppe

Zuerst werden also unter allen Mitgliedern neun ausgelost. Der Erste dieser 9, der per Ziehung in diese Nominierungsgruppe gelangt, ist automatisch der Debattenleiter.

Diese 9 treffen einander (in Anwesenheit des Wahlkomitees, das diese Wahl organisiert, leitet und kontrolliert) in einem Raum (real oder online) und gehen in Klausur, also in einen geschützten Bereich, um unbeeinflusst arbeiten zu können.

Zunächst bespricht und ergänzt die Wahlgruppe unter sich die Positionsbeschreibung des zu wählenden Kandidaten, dessen Aufgaben und Anforderungen. Aufgabe dieser Nominierungsgruppe ist es, aus allen Mitgliedern genauso viele Kandidaten für das zu vergebende Amt zu nominieren, wie die zuvor berechnete Wahlzahl vorschreibt. In einer anschließenden Debatte werden deliberativ, also für jeden einzelnen Nominierten, seine Vor- und Nachteile diskutiert. Zuletzt stimmen diese 9 in einer verdeckten Wahl systemisch ab.

Nominierungsphase

Jeder der 9 Ausgelosten trägt eine vorgegebene Anzahl (= Wahlzahl dividiert durch 9) an Namen in eine Nominierungsliste ein. Das passiert verdeckt, beispielsweise mittels geeigneter Onlineformulare. Er muss diese Personen persönlich kennen.

Jedes Mitglied, das auf der Gesamtmitgliederliste zuvor erfasst wurde, ist berechtigt nominiert zu werden. Also auch Anwesende. Ja man kann sogar sich selbst wählen.

Wird ein und derselbe Kandidat von mehreren Komiteemitgliedern gewählt, wird dieser auf der Nominierungsliste natürlich trotzdem nur einmal angeführt. Stehen nun zu wenige Kandidaten auf der Nominierungsliste, wird die Nominierung so lange wiederholt, bis am Ende genauso viele Kandidaten auf der Liste stehen, wie die zuvor berechnete Wahlzahl ergeben hat.

Debattenphase

Nun beginnt der deliberative Teil der Klausur.

Der Grundgedanke dieser Debatte ist die Qualität der Argumente so hoch wie möglich zu halten und nicht wie wir das heute so kennen, gegeneinander für oder gegen einen Kandidaten zu kämpfen.

Ist einer der Nominierten unter den Mitgliedern des Wahlkomitees, muss dieser so lange den Raum verlassen, so lange die Diskussion über seine Person abgehalten wird.

Um die Diskussion straff zu halten, müssen je Kandidat genau 6 Mitglieder der Nominierungsgruppe nun nacheinander offen Argumente für und gegen die Wahl dieser Person auf seine Tauglichkeit für genau das Amt, das gerade besetzt werden soll, aufzählen. Aktuelle Diskussionsmethoden belegen, dass (6 Mal) eine halbe Minute ausreicht, um auf diese Weise genug "PROs" und "CONs" niederzuschreiben, um den einen Kandidaten zu beurteilen.

Abstimmungsphase

Anschließend wird geheim systemisch (also mit "dafür", "dagegen" oder "weder dafür noch dagegen") abgestimmt. Ab drei Gegenstimmen ist der Kandidat aus ausgeschieden. Für solche Abstimmungen gibt es kostenlose Software-Tools im Internet.

Um die nötige Anzahl der zuvor errechneten Wahlzahl an nominierten Kandidaten zu erreichen, wird nun der Vorgang des Nominierens und Debattierens so oft wiederholt, bis die Liste so viele Nominierte enthält, wie die Wahlzahl vorschreibt. (Bei diesen Wiederholungen dürfen schon zuvor Nominierte nicht noch einmal nominiert werden.) Ist sie überschritten, wird der jeweils Letztgereihte der Nominierungsliste gestrichen.

Wird mehr als nur eine Amtsposition mit dieser Wahl gewählt, beginnt nun der Prozess von Nominierungsphase und Debattenphase von neuem. Ein und dieselbe Person kann durchaus auch in mehreren Listen verschiedener Ämter auftauchen.

Am Ende haben wir für jedes Amt eine Kandidatenliste mit genauso vielen Kandidaten, wie die Wahlzahl vorschreibt.

Zweite Klausur, Hauptrunde: Wahl der Ämter durch die Kandidaten

Diese neu Nominierten treffen einander nun selbst zu einer Klausur wie oben beschreiben. Die Mitglieder der vorherigen Nominierungsgruppe sind hier nicht mehr dabei, jedoch weiter das Wahlkomitee, das nun zu Beginn mit allen Kandidaten die zu vergebenden Ämter definiert (Aufgaben und Anforderungen) und den restlichen Ablauf klärt.

Gibt es mehrere Kandidatenlisten (für mehrere Ämter), findet jede als eigene, getrennte Klausur statt.

Ziel dieser Hauptrunde ist es, dass die Nominierten des vorhergegangenen Nominierungswahlgangs unter sich genau einen Kandidaten für das zu besetzende Amt wählen.

Debattenphase

Als erster Schritt findet eine Debatte statt, die das Amt genau beschreibt. Welche Art von Kandidaten ist geeignet und warum. Und was sind die Ausschließungsgründe. Was sind gute Argumente für einen Kandidaten, welche sprechen gegen ihn.

Vorabstimmungsphase

Eine systemische Vorabstimmung eliminiert eventuell jetzt schon Kandidaten, die mehr als 30% Widerstand erzeugen.

"Hearingsphase"

Nun findet ein "Hearing" statt.

Jeder Kandidat stellt sich selbst vor und beschreibt, warum er für diese Funktion geeignet ist.

Der Kandidat verlässt daraufhin die Klausur, die anderen erstellen jetzt eine Fragenliste individuell zu seiner Person. Dann befragt ein ausgelostes Mitglied den zurückgekehrten Kandidaten.

Abstimmungsphase

Nachdem alle Kandidaten das über sich ergehen ließen, findet eine verdeckte systemische Abstimmung statt. Ab 30% Gegenstimmen scheidet jener Kandidat aus.. Bei Gleichstand gilt das Mitglied mit mehr Fürstimmen als gewählt, danach gilt das Los.

Gibt es eine Stellvertreterposition, kann - um den Gesamtprozess zeitlich zu halbieren - der Zweitgereihte dieses Amt gleich zugesprochen bekommen.

Korrekt wäre natürlich eine weitere Runde für die Stellvertreterposition zu starten, denn es könnte ja sein, dass aufgrund des frisch gewählten "Ersten" manche ganz bewusst eine Person als Stellvertreter wünschen. Das ist dann der Fall, wenn der Zweitgereihte zufällig ebenfalls aus demselben “Lager" wie der Erstgereihte stammt und die Allgemeinheit lieber einen "Gegenspieler" zwecks besserer Kontrolle wünscht. So etwas hat in Österreich Tradition!

Akklamation durch alle Mitglieder

Alle so Designierten benötigen abschließend noch die Billigung aller Mitglieder. Die erhobenen PRO- und CON-Argumente werden mit der Frage veröffentlicht, ob diese diese Positionen erhalten sollen.

Die Mitglieder (z.B. als Generalversammlung oder online z.B. mittels "Google Form") wählen verdeckt systemisch.

Sollte ein Nominierter mehr als 30% Gegenstimmen erhalten, rückt das nächstgereihte Mitglied der letzten Wahlrunde auf.

Als letzte Handlung werden das Ergebnis und alle ausführlich dokumentierten Schritte zusammengefasst und veröffentlicht. So sieht beispielsweise die aktuelle Veröffentlichung der Vorstandswahl des Vereins G!LT im Jahre 2019 aus:

Datei: Ergebnis der Vorstandswahl.pdf

Bei Ausscheiden oder unvorhersehbar längerem Ausfall einer gewählten Funktion rückt das jeweils nächstgereihte Mitglied auf.

Vorteile

Heutige Wahlsysteme sind durchsetzt von Manipulatoren: Politberater, die von unseren Steuergeldern bezahlt werden, Medien, die ebenfalls Subventionen in Millionenhöhe von uns Bürgern erhalten, aber stattdessen die Anliegen der Politiker repräsentieren und weitere einflussreiche Spender, die Werbekampagnen finanzieren, wenn sie nicht ohnehin schon die Eigentümer der größten österreichischen Medien sind.

Auch treffen in Österreich Personen die Wahl der obersten Ämter im Staat, die die Macht dazu besitzen. Das sind Personen, die wir zum Teil gar nicht kennen und schon gar nicht von uns, dem Volk dazu legitimiert wurden. Die Wahl der obersten Ämter in Österreich ist also kein demokratischer Vorgang, sondern erfolgt durch die einflussreichsten Institutionen und Personen im In- und Ausland.

Die einzige Person, die wir direkt wählen dürfen, ist der Bundespräsident! Doch auch da bekommen wir nur die Personen zur Wahl, die Parteien, also private Clubs mit sehr reichen Mitgliedern, uns vorsetzen. Es ist uns, dem Volk, nicht möglich, alle vorgeschlagenen Kandidaten abzulehnen oder gar einen eigenen Kandidaten vorzuschlagen.

Die Änderung des Wahlsystems in Österreich zur venezianischen Wahl würde zwangsläufig Menschen in die Regierung bringen, die zumindest echte Repräsentanten sind.

Nachteile

Mehr Rechte heißt aber auch mehr Pflichten: Nicht alle Bürger wollen heute schon, in der gegenwärtigen Situation, tatsächliche Regierungsentscheidungen treffen. In der Offenen Demokratie wird aber die demokratische Pflicht ernst genommen, dass jeder Bürger auch tatsächlich für jedes Amt gewählt werden kann.

So könnte aber auch rein theoretisch auch ein Jugendlicher mit geistiger Behinderung sogar Bundeskanzler werden, so lange er als wahlmündig gilt.

Doch diese Option ist in Wahrheit auch heute schon möglich, denn wenn uns nur zwei Präsidentschaftskandidaten vorgestellt werden, die beide offensichtlich ungeeignet sind, so bleibt uns nach heutigem Recht als Volk nichts anderes übrig, als einen von ihnen zu wählen.

Im venezianischen Prozess aber werden jedoch nicht "Gesichter", die man zuvor auf tausenden Werbeplakaten gesehen hat und aufgrund von emotional angeheizten Slogans gewählt, sondern rational in mehreren Durchgängen, wo alle Diskussionen genauen Regeln vernünftiger Argumente folgen müssen.

Also würde eine Person, die das Amt gar nicht ernsthaft bekleiden kann, sofort nach der Nominierung durch die erste Diskussion "aussortiert" werden, da für diese ungeeignete Person im Vergleich mit den vielen anderen Kandidaten kein ernsthaftes Argument gefunden werden kann, ein so wichtiges Amt auszuüben.